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Was dann, wenn das Lügenkonstrukt zusammenfällt?

Bayern, Heimat, Tradition, Brauchtum - gestern, heute, morgen

Kinder glauben gerne an Existenz von Nikolaus und Christkind

Nikdolaus
Die Kinder warten sehnsüchtig auf den Nikolaus, denn er hat für alle Geschenke dabei

Wenn ich an meine Kinderzeit zurück denke, ist mir das jährliche Weihnachtsfest und natürlich auch der Besuch vom Nikolaus besonders im Gedächtnis geblieben. Auch als meine Kinder Carina, Tanja und Seppi noch klein waren, habe ich alles getan, um ihnen die Illusion, dass der Nikolaus mit einem Geschenken beladenen Schlitten auf die Erde kommt, um die braven Kinder zu belohnen, möglichst lange zu erhalten. Selbstverständlich in Begleitung des Kramperls, der den schlimmen Bangerten mit der Weidenrute drohte. Sowohl ich selbst als auch meine Kinder haben aufgrund dessen das Jahr im Geist Revue passieren lassen, um über die guten Taten, genauso über die Schelmenstücke Bilanz zu ziehen. Egal wie es vom Himmelsmann und seinen Knecht Rupprecht bewertet wurde, es war immer ein unvergessliches Erlebnis, das zur Folge hatte, dass Kinder generell hoch und heilig Besserung gelobten. Doch spätestens nachdem der Schokoladen-Nikolaus verspeist war, verflüchtigten sich auch die Versprechungen in Schall und Rauch.

Woher kommt der Nikolaus gestapft und woher das Christkind geflogen?

Zurückzuführen ist die Tradition des Hl. Nikolaus auf den Bischof von Myra, der als sehr barmherzig und uneigennützig beschrieben wird. Für das Christkindl, das mit seinen Engerln aus dem Himmel als Gabenbringerin in die Wohnzimmer fliegt, ist, so habe ich nachgelesen, der Reformator Martin Luther verantwortlich. Sein Christkind ist blondgelockt und engelhaft und versteckt die Geschenke unter dem Christbaum. Mit diesem sympathischen Erscheinungsbild hat es sich einen festen Platz in den Kinderherzen erobert.

Dass man Weihnachten feiert, hängt jedoch nicht von den Geschenken ab, sondern ist mit der Geburt Jesu begründet. Das sollte bei gläubigen Christen stets im Vordergrund stehen.

Die Gabenbringer-Tradition an nächste Generation weitervermittelt

So gesehen, ist es nicht gelogen, dass es einen Nikolaus und ein Christkind gibt. Es ist nur nicht ganz richtig, wie ihre Eigenschaften dargestellt und ihre Aufgabengebiete deklariert werden.

 

Früher war es eine Selbstverständlichkeit, die Gabensbringer-Tradition von Nikolaus und Christkind von Generation zu Generation weiter zu vermitteln. Man hat es nicht in Frage gestellt. Was immer so war, musste auch weiterin so bleiben. Punkt, Aus, Amen. Es liegt ja auch in der Natur der Sache, dass Menschen gerne an etwas Schönes und sozusagen Himmlisches glauben und daran hängen. So fiebern heute noch tausende von Kindern in Deutschland dem Heiligen-Abend entgegen. Sie schneiden aus Spielzeugkatalogen die Objekte ihrer Begierde aus und kleben diese auf Wunschzettel, damit sich das Christkindl auskennt, wie zum Beispiel ein ,,Spinner", ein ,,Nintendo Switch" oder die gewünschte Puppe ,,Baby Born".aussieht. Ohne groß darüber nachzudenken, lassen auch heute die meisten Eltern  ihre Kinder in dem Glauben, dass Nikolaus und Christkind alle Gaben aus der Himmelswerkstatt pünktlich zu Weihnachten ,,anliefern". Zunehmend gibt es jedoch Stimmen, die den Sinn dieses Lügenkonstrukts in Frage stellen, zumal es, wenn die Kinder älter werden, zwangsweise auffliegt. Sie machen sich Sorgen, ob diese Version von den Gabenbringern bei den Kindern Schäden hinterlässt. Schließlich predigt man ihnen immer wieder, redlich durchs Leben zu gehen.

Ich möchte hierzu die Meinungen von Wissenschaftlern zitieren, die sich intensiv mit diesem Thema beschäftigt haben, die sich übrigens mit der Empfindung meiner Tochter Tanja decken, als sie gestern ihrer 9-jährigen Tochter erzählte, dass hinter dem Nikolauskostüm ein ganz normaler irdischer Mensch steckt und die Eltern an Weihnachten die Geschenke unter den Christbaum legen. Beide waren traurig darüber, dass dieser wunderbare Zauber gebrochen war, obwohl es sicher keine bleibenden Schäden hinterlassen wird. Den Vorwurf des Vertrauensbruchs ihrer 13-jährigen Tochter musste sie sich allerdings gefallen lassen: "Zehn Jahre habt ihr mir diesen Schmarrn erzählt!" Später wird sie vielleicht einsehen, dass ihr diese Notlüge viele schöne Weihnachtsmomente beschert hat.

Menschen brauchen aufgeklärtes Denken, aber auch Verzauberungen

"Die Geschichte vom Nikolaus bzw. Weihnachtsmann ist für kleine Kinder eher eine Bereicherung" findet der Berliner Psychologe Peter Walschberger. Er sieht in Mythen, Märchen und Ritualen einen wohltuenden Gegenpol zur ansonsten rationalen Welterklärungen. ,,Wir Menschen brauchen beides: aufgeklärtes Denken und Verzauberungen". Es werde damit Heimatgefühl, Sicherheit, Trost und soziale Verbundenheit sinnlich erfahrbar gemacht. Menschen kehren in eine Zeit zurück, in der sie selbst glaubten, dass Magie tatsächlich möglich ist.

In der Tat ist es doch so, dass Kinder an das glauben, an das sie gerne glauben. Sie ignorieren einfach die wahre Geschichte um Nikolaus und Christkind. Man sollte es dabei belassen, dass die Kinder in ihrer eigenen glitzernden und leuchtenden Weihnachtswunderwelt leben wollen. Sie erleben noch früh genug, dass das Leben sich von einer anderen Seite zeigt.