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Heimat ist nicht nur ein Ort, sondern vielmehr ein Gefühl

Bayern, Heimat, Tradition, Brauchtum - gestern, heute, morgen

Haindling - zurück zu den Wurzeln einer Familiengeschichte

Haindling bei Geiselhöring Landkreis Straubing-Bogen in Niederbayern
Die kleine Laber schlängelt sich durch Radldorf Gemeinde Perkam Landkreis Straubing-Bogen

Ich hab in den vorangegangen Blog-Berichten bereits erwähnt, dass wir schon lange vor unserem Umzug nach Radldorf überlegt haben, uns aus Altersgründen raummäßig zu verkleinern. Die Frage war: wie und wo?. Als meine Tochter Tanja mir sagte, dass sie und ihre Familie ihr Haus in Pilling verkaufen und etwas Neues kaufen oder bauen wollen, reifte der Gedanke, uns anzuschließen. Gesagt, getan - Wir zogen im Dezember 2016 in unser neu erbautes Doppelhaus in Radldorf, das ungefähr acht Kilometer von Haindling bei Geiselhöring entfernt liegt Die Überlegung war goldrichtig. Wir sehen unsere Enkelinnen Romina und Julie aufwachsen. Auch für unsere jüngste Enkelin Emelie, die mit ihrem Papa in Regensburg wohnt, ist die Distanz wesentlich geringer als vorher. Wir profitieren in vielen Dingen und Situationen voneinander. Außerdem ist das neue Haus und der neu angelegte Garten nicht mehr so arbeitsintensiv und die Folgekosten sind wesentlich günstiger. Wir können unseren Lebensabend nun viel mehr genießen. Neben dem Familienanschluss können wir jetzt verstärkt verwandtschaftliche Verbindungen pflegen, da einige Cousinen meines Mannes in der Nähe und ein Cousin in Haindling wohnen. Zudem haben wir eine nette Nachbarschaft. Wir fühlen uns pudelwohl in der neuen Heimat.

Auf den Spuren des Vaters Johann in dessen Heimat Haindling gewandelt

Haindling bei Geiselhöring Landkreis Straubing-Bogen in Niederbayern
Bei einer Führung durch Haindling erfährt man die Geschichte des Wallfahrtsortes

Ein weiterer und sehr wichtiger Aspekt bei der Entscheidungsfindung nach dem Wo wagen wir einen Neuanfang? war der Geiselhöringer Ortsteil Haindling. Besonders für meinen Mann, dessen Vater, zu dem er eine innige, sehr gute Beziehung hatte, in Haindling geboren und aufgewachsen ist. Bei der heute noch bestehenden Gärtnerei Lampert in Geiselhöring hat er eine Ausbildung zum Gärtner absolviert.

 

Das war sicher einer von mehreren Gründen, dass wir uns zum 100-Seelendorf Haindling, der vormaligen Heimat des Vaters und Schwiegervaters, hingezogen fühlten. Darüberhinaus übt dieses Dorf irgendwie einen besonderen Reiz auf uns aus. Seine imposante Kirche mit den beeindruckenden Türmen hat etwas , dass es auch ohne seinem prominenten gleichnamigen Mitbürger attraktiv und anziehend macht. Haindling ist ein Ort mit langer und interessanter Geschichte, der es wert ist, dass man ihm einen Besuch abstattet.

 

Als wir unlängst an der Erlebnisführung Haindlinger Dorfg'schichtn mit Angela Ramsauer teilnahmen, hatten wir gehofft, auch etwas über das Lichtinger-Anwesen zu erfahren, das sich im Unteren Dorf befindet. Leider erfolglos, was aber auch auf der anderen Seite wieder positiv zu bewerten ist. Die Bewohner des Hauses, darunter auch mein bereits verstorbener Schwiegervater, sind in keinster Weise aufgefallen und vielleicht deshalb auch nicht in den Gemeindeannalen erwähnt.

Zur Geschichte und Entstehung der Marienwallfahrt in Haindling

 

Das Kloster St. Emmeram in Regensburg, eines der bedeutendsten Klöster der Benediktiner in Bayern, besaß nachweislich seit dem 9. Jahrhundert Güter in Haindlingberg. 1031 sind Besitzungen von St. Emmeram in Haindling und dem benachbarten Hainsbach belegt.
1268 erfolgte die Errichtung der klösterlichen Propstei Hainsbach. Die Hofmark Hainsbach wurde zusammen mit den benachbarten Hofmarken Gingkofen und Haindling zu einem wichtigen wirtschaftlichen Zentrum des Klosters St. Emmeram in Regensburg. Eine Marienkapelle in Haindling wird erstmals 1333 erwähnt.
Mit der Bestätigung der Kaplanei im Jahr 1337 durch Bischof Konrad von Regensburg ist die bestehende Wallfahrt "Zu Unserer Lieben Frau" in Haindling urkundlich gesichert.
Die Bischöfe waren bedacht, der Wallfahrt Ablassgnaden zukommen zulassen. So erwarb Bischof Friedrich im Jahr 1357 Ablässe von 16 Bischöfen und im Jahr 1487 genehmigten 17 Kardinäle Ablässe für die Besucher des Gnadenortes.
Durch diese Zuwendungen blühte die Wallfahrt mächtig auf und bekam überregionale Bedeutung. 1438 finden wir in Haindling bereits 6 Messpriester.
Die Wallfahrten brachten auch Geld, meistens viel Geld, in die Kasse der Wallfahrtskirche ein. Auch Haindling war eine reiche Wallfahrtskirche und die Hainsbacher und Gingkofener pilgerten nicht nur in ihren Seelennöten, sondern auch in finanziellen Schwierigkeiten nach Haindling, um Hilfe zu erreichen.
Um der Beliebtheit der Wallfahrt Rechnung zu tragen, erweiterte man die Anlage im Spätmittelalter durch die Kreuzkirche.
Pater Bonifaz Schachtner (+1743), der damals in Haindling wirkte, gründete die Erzbruderschaft der Heiligen Dreifaltigkeit. Er veröffentlichte auch Berichte über die wundertätige Hilfe der Haindlinger Madonna in seinen Mirakelbüchern, die weite Verbreitung fanden. Die Erzbruderschaft der Heiligen Dreifaltigkeit hatte in seiner Blütezeit über 10.000 Mitglieder.
Der blühenden Muttergotteswallfahrt trug auch die Verlegung der Probstei aus Hainsbach nach Haindling 1733/34 in das neu erbaute „Klösterl“ Rechnung.
Der einfache aber stattliche Bau mit Walmdach befindet sich circa 150 m südöstlich der Kirchenanlage und ist heute in privater Hand.
In dem „Klösterl“ haben sechs Mönche aus dem Kloster St. Emmeram gelebt, die die Wallfahrt betreuten. Zu den großen Wallfahrtstagen waren zusätzlich 10 bis 12 Patres aus dem Kloster St. Emmeram aus Regensburg anwesend.
Rund 60 Pfarreien, bis von Freising, Landshut, Landau und Regensburg kommend, pilgerten alljährlich zur Muttergottes nach Haindling. Allein am Pfingstmontag kamen 14 Pfarreien, die ab dem Morgengrauen eingeläutet wurden.

Die bekannteste Persönlichkeit unter den vielen Benediktinern, die hier jahrhundertlang die Wallfahrer betreuten und den Besitz verwalteten, war Pater Roman Zirngibl (+1816). Der Archivar und Geschichtsforscher war Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und einer der bedeutendsten bayerischen Historiker im Zeitalter der Aufklärung.

In jahrhundertelanger Bau- und Umbautätigkeit hat das Kloster St. Emmeram ein einzigartiges Wallfahrtszentrum geschaffen, das zu den bedeutendsten Gnadenstätten des bayerischen Kurfürstentums zählte, nach Bogen und Sossau die drittälteste in unserem Gebiet und älter als Altötting.

Als 1803 im Wege der Säkularisation das Stift Sankt Emmeram aufgelöst wurde, litten Haindling und seine Gnadenstätte noch mehr. Die Wallfahrt verlor ihren seelsorglichen und finanziellen Rückhalt und wurde im Laufe der Jahre fast bedeutungslos, wobei im Jahr 1860 noch von circa 20.000 Wallfahrern berichtet wird.
Die Hofmark Hainsbach wurde 1816 durch Maximilian Graf von Montgelas ersteigert.
Unter Pfarrer Manfred Kunert, der 1984 in die Pfarrei Hainsbach-Haindling kam, wurde versucht, die Wallfahrt wieder zu beleben.

Im Süden des Kirchhofes grenzt das alte Schul- und Mesnerhaus an, mit dem Haindling 1680 als eines der ersten Dörfer eine eigene Schule erhielt. Im Jahr 2003 wurde die Alte Schule von Grund auf saniert. Sie beherbergt nun unter anderem den Pfarrsaal.

 

Quelle: www.marienwallfahrt-haindling.de 

Um anzubandeln, nahm man früher so manche Beschwerlichkeit auf sich

Von Bubach Landkreis Dingolfing-Landau nach Haindling Landkreis Straubing-Bubach
Hans Lichtinger aus Haindling mit seiner Familie vor dem Anwesen in Bubach bei Mamming

 

Was mich immer wieder zum Nachdenken bringt und Bewunderung auslöst, ist, welch weite, beschwerliche Wege früher zurückgelegt wurden, um zur/zum Angebeteten zu gelangen. Per Fahrrad ist mein Schwiegervater Johann Lichtinger mächtig in die Pedale getreten, um zu seiner Anna zum zirka 45 Kilometer entfernten Ortsteil Bubach der Gemeinde Mamming zu fahren. Nicht immer ohne Komplikationen, wie er erzählt hat. So hat ihn einmal der Drahtesel in einen Misthaufen geworfen,  als er in Martinsbuch bergab eine gache Reib'n zu forsch nahm.  Trotzdem fuhr er, zwar etwas lädiert und mit einem üblen Geruch behaftet, weiter, um sein Ziel zu erreichen. 

 

Ein weiteres Rätsel ist mir, wie sich die Leute früher kennengelernt haben, die doch oftmals weit von einander entfernt wohnten, wie im Falle von Hans und Anna Lichtinger. Zwar kamen viele Burschen gar nicht über das Dorf hinaus und wenn, sind sie höchstens im Nachbarort auf Brautschau gegangen. Oft kannten sich die heiratsfähigen jungen Leute gar nicht persönlich. Empfehlungen und Anpreisungen erfolgten über einen Schmuser , der sie sozusagen verkuppelt hat. Im besagten Beispiel war es der Nachbar von Nandl (Anna), der ihren Eltern vom Liachtinga Hans aus Haindling erzählt hat. Unvorstellbar schon in meiner Jugendzeit, der meiner Kinder und heute sowieso, dass man verheiratet wurde beziehungsweise sich seine/n Partner/in nicht selbst aussuchen durfte. Ein Auto hatten damals die wenigsten Leute. Ansonsten gab es selten Gelegenheiten, jemand kennen zu lernen. Vielleicht wenn man ein paar Dörfer weiter im Dienst, Anstellung oder Ausbildung war. Manchmal sind auf dem Tanzboden Liebesbeziehungen entstanden. Ob sie aber von den Eltern genehmigt  geduldet und abgesegnet wurden, war eine andere Frage. Einen Beruf zu erlernen wurde den Mädchen meist nicht gestattet, denn sie waren für die Geburt und Erziehung von Kindern, die Arbeit am Herd und im Haus vorgesehen. Der Mann hingegen war für den Lebensunterhalt der Familie zuständig. Eine Heirat bedeutete allerdings, egal ob für Mann oder Frau, die gesamte Familie mitzuheiraten. Da waren die Eltern und Geschwister der Partner/innen, mit denen man sich zu arrangieren hatte. Oft waren eine pflegebedürftige/r Oma oder Opa neben Mann, Kindern, der Arbeit im Haushalt, Stall und Feld zu versorgen . Derjenige der einheiratete, hatte oft einen schweren Stand. Wer jedoch glaubt, dass Kuppelehen weniger harmonisch waren, der irrt. Die Liebe kam entweder mit der Zeit oder man passte sich dem anderen an. Die Ehen waren oft besser, wie die heutigen und vor allem hatten sie ein Leben lang Bestand, im Gegensatz zu den heutigen. Man hielt sich an den Schwur, in guten wie in schlechten Tagen. Leichter zu bewältigen war das Eheleben allerdings nicht. Es war das Umfeld und die Umstände, was das Zusammenleben oft schwierig bis unerträglich machte. Dennoch waren Scheidungen selten. Für Frauen galt eine Heirat als Absicherung, zumal sie über kein eigenes Einkommen verfügten. Sie hatten auch in einer schlechten Ehe keine Wahl, sondern waren nicht selten auf Gedeih und Verderb dem Mann ausgeliefert. Wohin sollten sie auch gehen? 

 

Das Ehepaar Hans und Anna Lichtinger war jedoch zufrieden, obwohl sie ein arbeitsreiches Leben hatten. Ihre vier Buben Hans, Sepp, Xaver und Schos warem ihr Stolz, die Landwirtschaft und die Tiere ihre Lebensinhalt. Leider blieben sie vor Enttäuschungen und schweren Schicksalsschlägen nicht verschont. Doch ihre christliche Lebenseinstellung half ihnen immer wieder darüber hinweg. Inzwischen sind bis auf die jüngsten Söhne Xaver und Schos alle verstorben.

 

Bildunterschrift:  von links: (hinten) Hans und Anna Lichtinger, Mutter Anna und Schwester Therese mit (vorne) Hans, Sepp, Xaver und Schos