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Meine Erinnerung an allwissenden Nikolaus und durstige Kramperl

Bayern, Heimat, Tradition, Brauchtum - gestern, heute, morgen

Kommt der Nikolaus aus dem Wald oder unter Engelgeleit vom Himmel?

Nikolaus
Nikolausbesuch beim Adventsmarkt in Mamming Landkreis Dingolfing-Landau

Am 6. Dezember ist Nikolaustag. In Bayern kam und kommt der Himmelsmann samt seinen Gehilfen größtenteils immer noch am Vorabend. Die Kinder erwarten ihn seit jeher mit gemischten Gefühlen. Zum einen hoffen sie auf süße Leckereien und andere ersehnte Geschenke und zum anderen bangen sie, dass der Nikolaus das Jahr über wieder haarklein alles was sie angestellt haben,  in seinem Goldenen Buch notiert hat. Wilde zottelige Krampusse, die mit Ruten umherfuchtelten und mit Ketten rasselten sind heutzutage kaum mehr bei den Besuchen dabei. Früher war die Anwesenheit der Exekutive des Sankt Nikolaus der Regelfall. Außerdem war der Nikolaus in Bilderbüchern auf einem Schlitten abgebildet, wie er im Geleit von Engeln auf die Erde hernieder kommt. Trotzdem behauptet er felsenfest beim Eintreten in die warmen Stuben: Draußen vom Walde komm ich her. Ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr. Überall auf den Tannenspitzen, sah ich goldene Lichtlein blitzen!

Die Kinder fragen sich zu Recht: Was jetzt? Kommt er vom Himmel oder vom Wald? Oder zuerst vom Himmel und dann durch den Wald? Und wenn ja, wo ist der Wald? Man muss zugeben, dass Nikolaus und Krampus zwei dubiose Gestalten sind, zu denen immer noch Aufklärungsbedarf besteht. Fest steht: Der Nikolaus ist allwissend und wortwörtlich nachtragend - schon weil er für jedes Kind Geschenke mitbringt.

Freude und Angst hielten sich beim Nikolausbesuch die Waage

Ich selbst kann mich noch gut an die Nikolaustage meiner Kindheit erinnern. Wir hatten eine Zweizimmerwohnung im ersten Stock bei der Bauersfamilie Wimmer in Aign (Gemeinde Vogtareuth). Die beiden Buben Hansi und Marti versuchten mit großer Leidenschaft, mir Angst vor dem Nikolaus zu machen. Auch meine und deren Eltern hatten sich zusammengetan, um bei einbrechender Dunkelheit hin und wieder durch Kettenklirren vor dem Fenster oder der Haustür die Spannung, aber auch Angst auf den kommenden Nikolausbesuch zu schüren. Als der Niklaus und seine Kramperl schweren Schrittes polternd und scheppernd die knarrende Holztreppe hochkamen, gab es für mich nur eines. Ich flüchtete mich zitternd auf den Schoß meines Papas, der mich hielt und mich beschützte. Obwohl ich eigentlich nichts weltbewegendes angestellt hatte, war ich dennoch unsicher und eingeschüchtert. Ich brachte keinen Ton hervor, obwohl der Nikolaus sehr nett war und auch die Krampusse sich recht handzahm benahmen. Was mich freute, denn die Schuasta-Buam ( der Hausname war Schuster) bekamen beide mit der Rute eine übergebraten, was sie sich redlich verdient haben. Schließlich dratzten (ärgerten) sie mich immer.

Vor der Übergabe von Süssigkeiten sagte man ein Gedicht auf

Nikolaus
Der Nikolaus hat für jedes Kind ein Geschenk dabei

Wie schon zu meiner Zeit, wurde in den Schulen zur Vorweihnachtszeit immer Lieder und Gedichte einstudiert, um beim Nikolaus oder dem Christkind zu punkten. Zuhause wurde emsig hierfür gelernt und geübt. Auch ich habe meine drei Kinder dazu animiert,  dem Nikolaus zumindest einen schönen Reim vorzutragen. In diesem Zusammenhang fällt mir eine Episode mit meiner ältesten Tochter Carina ein. Sie war vielleicht vier Jahre alt und sollte folgenden Vierzeiler aufsagen: "Lieber guter Nikolaus, leere deine Sachen aus. Stecke deine Rute ein. Ich will immer artig sein." Die letzten zwei Sätze fielen ihr vor lauter Aufregung nicht mehr ein und so sorgte sie mit ihrer Version für Lacher in der Familie und Hausgemeinschaft:  ,,Lieber guter Nikolaus, leere deine Sachen aus …...auf's Kanapee" Da musste selbst der Nikolaus schmunzeln und überreichte ihr ohne weitere Auflagen das Süssigkeiten-Sackerl. 

Es kam auch schon mal vor, dass die Erwachsenen eher einen Kramperl brauchten, um sie zur Raison zu bringen. Unsere Mieter Hartl und Liesl, deren Kinder schon flügge beziehungsweise aus dem Haus waren, kamen gerne zu uns rüber, wenn sich der Nikolaus angesagt hatte. Nicht immer war das Outfit der Himmels-und Höllenmänner so authentisch, wie es hätte sein sollen. So erkannte Hartl in einem der Kramperl einen irdischen Nachbarn, mit dem er nicht so gut auskam. Als ihm dieser mit der Rute drohte, wäre es beinahe zu einer körperlichen Auseinandersetzung unter den beiden gekommen. Wir, seine Frau und unsere Kinder hatten zu tun, die beiden Widersacher voneinander zu trennen. Wir waren froh, dass der Heilige Nikolaus noch schnell seine Geschenke übergeben konnte und er mit seinen aufmüpfigen Krampussen wieder von dannen zogen.

Den Knechten Ruprecht ist ihr harter Job zu Kopf gestiegen

Ich habe in Halfing Nähe Bad Endorf eine Zeit erlebt, wo der Nikolaus mit großem Gefolge an Krampussen durch das Dorf zog. Die Sammelstelle und der Ausgangspunkt war in der Pizzeria Umberto (vormals Cafe Puppe) gleich neben der Reismühle. Nachdem unsere Kinder nicht mehr an den Nikolaus glaubten und ihren eigenen Interessen nachgingen, besuchten mein erster Mann Sepp und ich gerne mit Freunden den Stammtisch. Es war am Nikolaustag so gegen 21 Uhr, als plötzlich ein Krampus in die Pizzeria torkelte. Dem folgte einer nach dem anderen. Sie waren fix und fertig und hatten großen Durst. Allerdings nach alkoholischen Getränken. Immer mehr hatten sie Mühe, aufrecht zu sitzen und sie hatten große Schwierigkeiten, sich verständlich zu artikulieren. Am Ende zwang sie der Schnaps in die Horizontale. Ihr Chef, der Nikolaus, der am Ende auch noch dazu kam, um sein Kostüm abzuliefern, wunderte sich sehr. Die anfangs auf Krawall gebürstete Kramperltruppe war plötzlich nur mehr ein herumliegender Haufen betrunkener Schläfer, die zu nichts mehr zu gebrauchen waren.

Den Hl. Nikolaus gab es wirklich. Er lebte und wirkte in der Türkei.

Irgendwie, so habe ich jedenfalls den Eindruck, hatte der Nikolaus bei den Kindern früher einen besonderen Stellenwert. Freilich freuten sie sich auch auf die Geschenke. Er war aber auch eine Respektsperson. Was die Eltern nicht an Erziehungsmaßnahmen schafften, wurde an den Nikolaus übertragen, der den Kindern wenigsten einmal im Jahr die Leviten lesen sollte, damit sie wieder spurten. Meist haben die Ermahnungen nicht lange angehalten. 

Heutzutage scheint mir, als wäre der Nikolaus zu einer kommerziellen Symbolfigur  verkommen.

Dennoch gab es den Hl. Nikolaus tatsächlich, der eigentlich mit bürgerlichem Namen Nikolaus von Myra (Türkei)  hieß. Er lebte ungefähr zwischen 270 und 365 nach Christus. Als er 16 Jahre alt war, verstarben seine Eltern. Nach deren Tod zog er zu seinem Onkel , dem Bischof von Myra, in die Stadt. Drei Jahre später wurde er von ihm zum Priester geweiht.  Um 310 wurde er während der Christenverfolgungen gefangengenommen und gefoltert. Laut Überlieferungen verteilte er sein gesamtes ererbtes Vermögen unter den Armen. Diese und einige mehr Geschichten ranken sich um die Figur des Heiligen Nikolaus. Sein Name bedeutet übersetzt Sieg des Volkes und stammt aus der altgriechischen Sprache. Heute gilt er außerdem als Schutzpatron der Kinder, Schüler und Schiffsleute.