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Die Klostermedizin des Mittelalters findet nach wie vor Anwendung

Bayern, Heimat, Tradition, Brauchtum - gestern, heute, morgen

Die uralte Pflanzenheilkunde hält auch den heutigen Erkenntnissen stand

Unter dem Namen "Hildegard-Medizin" oder "Klostermedizin" erlebt die Pflanzenheilkunde des Mittelalters heute eine Blüte" So habe ich es dem kürzlich wiederentdeckten 1996 veröffentlichten Naturmedizin-Buch des Moewig-Verlags entnommen. Das ist ja nun auch schon wieder über zwanzig Jahre her, aber offensichtlich immer noch aktuell. Viele der heute gängigen alternativen Heilrezepte und Behandlungsmethoden basieren auf dem Wissen der Äbtissin Hildegard von Bingen, die schon zu mittelalterlichen Zeiten von der Einheit des Körpers und Seele ausging.

Sichtet man kritisch diese Rezepte gegen Krankheit und Gesundheitsstörungen, so stellt man erstaunt fest, dass viele von gelehrten Nonnen und Mönchen des  Mittelalters niedergeschrieben wurden. Wendet man sie heute an, ist ihr Erfolg oft verblüffend.

Mit diesen Therapie-Wundern befassten sich beispielsweise Wissenschaftler der Münchner Universität. Sie wollten herausfinden, wie vernünftig und richtig die Empfehlungen der Klostermedizin aus heutiger Sicht sind. Sie führten deshalb mit Hilfe modernster Computer ein ungewöhnliches Experiment durch.

Zuerst speicherten Datenerfasser die Inhaltsstoffe der Heilpflanzen, die in den zum Teil jahrhundertealten Schriften der Klostermedizin genannt werden; danach fütterten sie den Computer mit bestimmten Textstellen aus uralten Büchern, die Therapievorschläge enthalten.

Die Auswertung des so zusammengestellten Datenmaterials brachte ein  für viele überraschendes Ergebnis. Zu 80 Prozent waren diese auch nach dem heutigen Wissensstand richtig

Die moderne Labor-Medizin bestätigt die Wirksamkeit von Naturstoffen

Im Zusammenhang mit den  Rezepten der Heiligen Hildegard von Bingen kam man zu ähnlichen Ergebnissen. In vielen  Fällen konnte so die moderne Labor-Medizin den Nachweis der  Wirksamkeit von Naturstoffen erbringen, die bereits in Hildegards Rezeptbüchern verzeichnet sind. 

So empfahl die Äbtissin zum Beispiel gegen Schmerzen in der Lebergegend  Mariendistel (Silybum Marianum). Heute wird aus der Distel der Wirkstoff  Silibinin isoliert, der - frühzeitig gegeben - eine so starke Schutzwirkung hat, dass er sogar gegen  das organzerstörende Gift des Knollenblätterpilzes hilft.

Die Bibernelle (Pimpinella Saxifraga) ist ebenfalls ein von der heiligen Hildegard empfohlenes  Kraut.  Vor allem bei Verdauungsbeschwerden  soll der aus den Wurzeln dieser Pflanze gebraute Tee helfen.

Gegen fast jedes Leiden ist ein Kraut gewachsen

,Die Brennessel (Urtica urens) wurde in gekochter Form von Hildegard bei Lähmungserscheinungen verordnet. Sie wurde auch als Wurmmittel und Tiermedzin und - mit Dill und Liebstöckel zusammen - gegen Lungenschmerzen empfohlen. Auch zur Steigerung der Liebesfähigkeit sollte sie beitragen. Die moderne Wissenschaft empfiehlt die Brennessel heute vor allem als Tee zur Förderung der Harnbildung.

 

Bei der Brunnenkresse (Nasturtium officinale) ist die Wissenschaft von heute mit Hildegard einig: Frühjahrsmüdigkeit und grippale Infekte können damit behandelt werden.

Huflattich (Tussilago farfara) von Hildegard empfohlen bei "geschwollenen Drüsen", wird heute zur Linderung von Husten und Schleimhautentzündungen verwendet.

Lavendel (Lavendula officinalis) wurde von der Heiligen bei Brust-und Lungenleiden sowie zur Vertreibung von Läusen empfohlen. Heute gelten Lavendelblüten als ausgezeichnetes Mittel bei Unruhezuständen, Schlaflosigkeit und Appetitlosigkeit.

 

Selbstverständlich kann ich in meinem Bericht nur einen winzig kleinen Ausschnitt aus den vielen Empfehlungen und Ratschlägen einbringen. Aber es gibt genügend Literatur über Hildegard von Bingen, genauso wie diverse Ärzte, Heilpraktiker, Apotheken und dergleichen mehr über Naturheilkunde Auskunft geben und Anwendungsangebote offerieren.

Zur Hildegard-Medizin gehören auch verschiedene Diätkuren

Ein wichtiger Bestandteil der "Hildegard-Medizin" sind die Diätkuren. Sie beschreibt beispielsweise eine Rheumadiät, eine Diät gegen Verdauungsstörungen und gibt sogar schon Hinweise darauf, wie man über seine Nahrung Krebserkrankungen vorbeugen oder diese behandeln kann.

Im Mittelpunkt der "Hildegard-Diät" steht der Dinkel , der im Mittelalter das wichtigste Brotgetreide war, bevor er vom Weizen verdrängt wurde. Nach den Anweisungen Hildegards ist Dinkel "das beste der Getreide".

Ärzte, die sich mit dieser Diät beschäftigen, sind sogar der Meinung, dass eine regelmäßige Dinkelkost so hochwertig ist, dass sich davon der ganze Organismus regenerieren kann und gesund wird.

Ich möchte mit einem Zitat über Essen und Nahrung von Hildegard von Bingen schließen, die folgendes gesagt hat: ""Wenn der Mensch sein Fleisch in Maßen nährt, dann ist auch sein Betragen fröhlich und umgänglich. Wenn er aber im Übermaß der Schmausereien und Gelage dahinlebt, dann legt er zu jedem schändlichen Fehler den Keim. Und wer andererseits seinen Körper durch unterwürfige Enthaltsamkeit schädigt, der geht immer zornig einher." 

Einklang zwischen seelischem Wohlbefinden und körperlichem Wohlsein

Hildegard von Bingen war eine christliche Mystikerin des Hochmittelalters und wirkte im heutigen Rheinland-Pfalz. Bis heute ist sie in Medizin und Religion bedeutsam, aber zu ihrer Zeit wirkte sie auch in Musik und Politik. Ihr Wissen soll aus göttlichen Visionen stammen.

Das Himmlische mit dem Irdischen zu verbinden, das war die Lebensmaxime der Benediktinerin Hildegard von Bingen. Bereits im 12. Jahrhundert propagierte sie etwa die Formel: “äußere Schönheit kommt von innen”

Als Erste verwies sie auf den Zusammenhang zwischen seelischem Wohlbefinden und körperlichem Wohlsein. Sie war es auch, die sich mit der Wirkung von Nahrungsmitteln, Kräutern und Gewürzen auf die Gesundheit befasste und uns ihre Erkenntnisse in reicher Schriftform hinterließ.

Hildegards Schriften entstanden zwischen 1150 und 1160. Sie sind heute noch genauso aktuell wie damals. 

Die Äbtissin wurde nicht müde, an die Einbettung des Menschen in den Kosmos zu erinnern. Nach ihrer tiefen christlichen Überzeugung kommt der Mensch heil und gesund auf die Welt. Je mehr er sich von Gott entfernt, entfremdet er sich jedoch auch von sich selbst.

Ihrer Erkenntnis nach gehörte in allererster Linie eine sinn- und maßvolle Lebensführung, um gesund zu bleiben..

Durch ihr starkes Selbstbewusstsein gelang es Hildegard von Bingen, ihre

Interessen durchzusetzen. Sie galten sowohl ihrer eigenen Überzeugung

als auch dem Durchsetzen politischer Ziele.

Auch musikalisch gesehen war Hildegard von Bedeutung. So enthält ihre Schrift „Ordo Virtutum“ siebenundsiebzig Lieder, die vermutlich zur Einweihung der Kirche im Kloster Rupertsberg entstanden.

Eine besondere Rolle spielt Hildegard im Bereich der Medizin. Sie vertrat eine ganzheitliche Lehre, die die Gesundheit von Körper, Geist und Sinnen als voneinander abhängig betrachtet.

Ihre medizinischen Schriften befassen sich mit der biologischen Umwelt und geben Anweisungen für die gesunde Lebensführung. Sie beschreiben Arzneien und Naturheilmittel, sowie Krankheitsursachen und Behandlungsmethoden. Hildegard hatte die Überzeugung, dass ein Mensch sich umso schlechter fühlte, je weiter er sich von Gott entfernte.

Daher war das Ziel der Hildegard von Bingen Heilkunde, die Betroffenen zu heilen und wieder in die göttliche Ordnung einzufügen. Aktuelle Heilkunde basiert teilweise auf der Lehre der Benediktineräbtissin. Hildegard von Bingen 

In einer ausgewogenen Ernährung sah sie die Möglichkeit, die Abwehrkräfte zu steigern und Krankheiten vorzubeugen. Nach ihrem Heilwert unterteilte sie die Nahrungsmittel in gute und in schädliche.

“Wenn das Bewusstsein der Seele des Menschen nichts von Trauer, Schädlichem und Schlechtigkeit im Menschen verspürt, dann öffnet sich auch das Herz desselben Menschen zur Freude, wie die Blumen sich der Sonnenwärme entgegenöffnen.”

Hildegard von Bingen ging davon aus, dass Gesundheit täglich neu errungen werden müsse. 

Geburt, Leben und Sterben der Heiligen Hildegard von Bingen

Sie erblickte 1098 als Hildegard zu Bermersheim bei Alzey das Licht der Welt. Obwohl von eher kränklicher Natur (sie litt beispielsweise unter heftigen Migräneattacken) wurde sie – für das Mittelalter höchst selten – 81 Jahre alt.

Mit acht Jahren bereits kam sie in klösterliche Erziehung im Benediktinerkloster auf dem Disibodenberg. Nach dem Tod ihrer späteren Lehrmeisterin Jutta von Spanheim, übernahm sie die Leitung der Gemeinschaft frommer Frauen auf dem Disibodenberg um 1136. Dreizehn Jahre später gründete sie ihr erstes Kloster auf dem Rupertsberg bei Bingen.

Schon als kleines Mädchen erlebte sie in wachem Zustand Visionen. Viele Jahre später begann sie, diese schriftlich festzuhalten. Darüber hinaus verfasste sie naturwissenschaftlich medizinische Werke, Gedichte und Musikkompositionen.

Hildegard von Bingen verstarb am 17. September 1179 im Kloster Rupertsberg. Auch wenn sie schon zu Lebzeiten als Heilige verehrt wurde, blieben Verfahren zur Heiligsprechung bis 2012 wirkungslos.

Am 10. Mai 2012 sprach Papst Benedikt XVI. sie heilig. Fünf Monate später, am 07. Oktober 2012, wurde Hildegard zur Kirchenlehrerin erhoben.