Bayern, Heimat, Tradition, Brauchtum - gestern, heute, morgen
Eine brotlose Kunst, die Leidenschaft , Idealismus und Gefühl bedarf
Derzeit sind immer wieder Werke von Künstlern im Dingolfinger-Anzeiger, die der Isargilde e.V. angehören. Dabei handelt es sich um eine Künstlergemeinschaft aus Dingolfing-Landau, die heuer auf ihr 50-jähriges Bestehen zurückblicken kann. Wegen der Corona-Pandemie kann die für dieses Jubiläum vorgesehene Frühjahrsausstellung leider nicht stattfinden.
Auch der in Mamming, dem geographischen Mittelpunkt des Landkreises Dingolfing-Landau lebende Heimatkünstler Heinz Rössler gehörte der Isargilde an. Leider ist er am 27. Januar 2012 verstorben, als er dem Pfarrer Joseph Santhappan ein von ihm gemaltes Bild als Geschenk überbringen wollte. Ich war dabei, hatte sogar als Berichterstatterin der Heimatzeitung den Termin arrangiert, weil ich einen Artikel darüber schreiben wollte. Ich machte mir danach schreckliche Vorwürfe , denn an diesem Tag war es bitter kalt und Herr Rössler fror. Er sackte plötzlich wortlos zusammen und verstarb vor der Kirche neben dem Pfarrhof.
Mehr als 300 Bilder - Rössler wusste die genaue Anzahl beim Gratulationsbesuch anlässlich seines 80. Geburtstages im November 2011 selbst nicht mehr genau - wird er bis dahin gemalt haben. Egal ob surrealistische Gemälde, die eine traumhafte oder abstrakte Wirkung ausstrahlen, oder auch impressionistische, die im Gegenteil zur strengen und stagnierenden Atelierkunst eine gefühlvolle, lichtdurchflutete, farbenfrohe und naturverbundene Malkunst ausdrückt: Heinz Rössler konnte und machte beides. Ein echter Künstler eben, der sein ganzes Herzblut und seine gestalterischen Fähigkeiten in seine Arbeiten einbrachte. Die finanzielle Entlohnung hierfür war für ihn stets sekundär.
Oft trifft man wen , der Bilder malt. Viel seltener wen, der sie bezahlt.
Der gebürtige Leipziger Heinz Rößler ist lange vor der Wende auf eine sehr kuriose und abenteuerliche Art und Weise in den Westen gekommen. Es verschlug ihn nach Krefeld, Stuttgart und München, bis er schließlich zusammen mit seiner Frau Gerda in Mamming landete. Dort hat das Ehepaar seine Heimat gefunden Durch ihr freundliches und aufgeschlossenes Wesen waren sie schnell in die Dorfgemeinschaft aufgenommen. Bald sprach es sich herum, dass Heinz Rößler ein begnadeter Künstler ist. Er wurde bald für gemeindliche und kirchliche Aufgaben "engagiert". Eine der Beispiele sind das Wandbild in der Gemeindebücherei oder das Emblem des Pfarrbriefes So zogen bis zu seinem 80. Geburtstag vierundzwanzig Jahre ins Land, in denen er markante Spuren seines künstlerischen Könnens hinterließ. Auch wenn er vielleicht nicht immer entsprechend seiner Stunden, die er in seine Werke investiert hat, entlohnt wurde, so hielt er sich immer an folgenden Spruch des Dichters und Zeichners Wilhelm Busch: "Oft trifft man wen, der Bilder malt. Viel seltener wen, der sie bezahlt!" Heinz Rößler war ein anspruchsloser Idealist und ein hervorragender Allrounder. Obwohl es im sicherlich ein besonderes Bedürfnis war, seine eigenen Ideen und Vorstellungen auf die Leinwand zu malen, ging er stets auch auf die Wünsche seiner Auftraggeber ein. so fertigte er zwischendurch genauso gerne Skizzenmalereien an, genauso wie er Schützenscheiben bemalte. Mit großer Freude widmete er sich anspruchsvollen Arbeiten, bei denen er zum einen Wünsche und Vorstellungen bediente, aber zum anderen auch den notwendigen gestalterischen Freiraum ließen. So machte er sich im Laufe der Jahre über die Landkreisgrenzen hinaus einen Namen. Die Patienten von Arztpraxen, die Leser der Gemeindebücherei und diverser Bibliotheken, die Patienten von Krankenhäusern, die Gäste von Hotels und Gasthäusern - sie und viele mehr wurden unweigerlich mit einem "echten Rößler" konfrontiert. Zahlreiche Bilder zieren die Wände vieler Räumlichkeiten und erfreuen ihre Betrachter. Manchmal geben sie ihnen zum Nachdenken Anlass oder entführen sie in das Reich der Fantasie. Der Künstler ließ deren Interpretation und Analyse in vielen seiner Bilder Raum und Freiheit. "Ich habe beim Malen immer ein vollendetes Bild vor meinem inneren Auge" sagte er damals zu mir. Dementsprechend betitelte er seine Kunstwerke. Stolz zeigte er mir seine Lieblingswerke im Keller-Atelier seiner Wohnung, zu denen er einen besonderen Bezug und eine ganz individuelle Bindung hatte. Mit berechtigtem Stolz erzählte er mir, als er mit seinem Bild "Lila Wald" anlässlich der Ausstellung „Zeitgenössische Kunst aus Niederbayern“ in der Bayerischen Vertretung in Bonn dahingehend Anerkennung fand, dass es auf einem Plakat einer breiten Öffentlichkeit präsentiert wurde. Gleichermaßen fühlte er sich in seinem Tun bestätigt, als sich beim großen Ehrenamtsempfang am 11. November 2011 anlässlich des 1000-jährigen Gemeinde-Jubiläums Bürgermeister Georg Eberl öffentlich bei ihm mit einer Urkunde bedankte. Er war glücklich, dass er mit seiner Begabung und seinen künstlerischen Fähigkeiten viele Menschen erfreuen und die Heimat mitgestalten durfte. Die größte Sorge des autodidakten Künstlers Heinz Rößler war, was mit seinen Bildern einmal geschehen soll, wenn er einmal nicht mehr ist. Als Zeichen meiner Wertschätzung ihm und seinen Werken gegenüber, schenkte er mir eines seiner Bilder. Ich werde es ihn Ehren halten. Knapp über zwei Monate nach seinem 80. Geburtstag verstarb Heinz Rößler. Ein Trost: Es schied sehr schnell aus dieser Welt. Ein langes und qualvolles Leiden blieb ihm erspart. Ich denke gern an Heinz Rößler. Er war ein sehr angenehmer Mensch und er erinnerte mich sehr an meinen Papa Karl Giglinger.
Jedes der Bilder von Heinz Rößler ist mit Herzblut gemalt
Auch mein Vater war ein Hobbymaler, der viel Zeit bei seinen Verwandten, der Familie Esterlechner auf der Fraueninsel im Chiemsee verbrachte. Er konnte zwar den namhaften Malern nie das Wasser reichen und schaffte es beileibe nicht, sich in der Galerie "Maler am Chiemsee" einzureihen, die im Museum im Augustiner-Chorherrenstift Herrenchiemsee untergebracht ist. Aber die Leidenschaft zu Pinsel und Farben - vorwiegend Aquarell-und Ölfarben - hatte er genauso, wie Heinz Rößler. Seine Bilder hingen in vielen Stuben in Aign, Niedernburg, Zaisering in der Gemeinde Vogtareuth. Bezahlt wurden sie in Naturalien, die kurz nach dem 2. Weltkrieg mehr wert waren, als Geld. Das Lebensmotto meines Vaters könnte man mit dem Zitat: "Entweder ich werde berühmt oder berüchtigt." Keines von beiden war der Fall. Übrigens: Die Isargilde Dingolfing-Landau hat noch ein weiteres Mitglied aus meiner vormaligen Heimat Mamming. Seit 1997 gehört Anton Kerscher aus dem Ortsteil Bubach der Künstlergemeinschaft an, die sich der Malerei, Grafik, Plastik und angewandten Kunst verschrieben hat. Anton Kerscher hat erst so richtig von sich reden gemacht, als er in Bubach auf einem Feld die Buchstaben ART auf die Wiese stellte. Der Künstler wollte damit auf die enge Verbindung zwischen Kunst und Natur hinweisen. Seitdem beschäftigt er sich damit, zeitkritische Skulpturen zu schaffen. Schon zweimal war er damit in der Biennale in Venedig (Italien), der ältesten internationalen Kunstausstellung vertreten. Seine überdimensionalen Metall-Plastiken animieren unweigerlich zum Nachdenken, was wiederum die Absicht des Künstlers Anton Kerscher ist. Eine seiner diversen Skulpturen begrüßt am neu gestalteten Bahnhof in Dingolfing die ankommenden Gäste. Kerscher hat es "S = Spuren" genannt. "Kunst als erster Augenschein, vielleicht auch als Kontrast zu den sich auf der anderen Seite mächtig erhebenden Industriehallen, ist sicher eine reizvolle Wahl. Die Skulptur von Anton Kerscher, der in Mamming zu Hause ist, stammt aus dem Jahr 2017 und gehört zur Serie das "schwebende Alphabet", so beschrieb Redakteur Ludger Gallenmüller vom Dingolfinger-Anzeiger damals dieses plastische Bildwerk. Der Künstler sieht sein Produkt als Hommage an unser jahrtausend altes Alphabet. Gerade im Computerzeitalter sei es unentbehrlich für die moderne Kommunikation. Der Kunstschaffende hat die Intention die schweren Formen fast schwebend zu zeigen: "Die Buchstaben sollen tanzen." Freilich schaffen es nur die wenigsten Maler in die Geschichte einzugehen, aber Personen wie zum Beispiel Heinz Rößler verdienen es, dass man sie zumindest rühmlich erwähnt. Ich möchte meinen Artikel mit folgendem Zitat von Oscar Wilde schließen, dass da heißt:
"Ein großer Künstler sieht die Dinge niemals so, wie sie sind. Wenn er sie so sähe, wäre er kein Künstler mehr.